Donnerstag, 2. Juli 2009

Kölner Stadtanzeiger: 2. Juli 2009

Stadtarchiv

Längst nicht alles ist verschüttet

Großen Anklang fand die Aktion der Gruppe „50678 KunstHandwerkDesign“. Kölner Bürger sollten in Schau- und Wohnzimmerfenstern private Dinge ausstellen, die ihnen wichtig sind. Verwaltet werden die Fenster im Internet.

Köln - Nicht alles ist verschüttet: Nach dem Einsturz des Stadtarchivs zeigen Bürger, was ihnen wichtig ist. Sie stellen ihre privaten "Archive" ins Fenster.

Nicht alles ist verschüttet: Nach dem Einsturz des Stadtarchivs zeigen Bürger, was ihnen wichtig ist. Sie stellen ihre privaten "Archive" ins Fenster.

Über die enorme Eigendynamik sind sogar die Organisatoren erstaunt. Mitte Mai hatte die Gruppe „50678 KunstHandwerkDesign“ zur „Archiv-Fenster-Aktion“ in der Südstadt aufgerufen. Bürger sollten Schaufenster und Wohnzimmerfenster mit privaten Schätzen gestalten, die ihnen wichtig sind. Es sollte gezeigt werden, dass nach dem Einsturz des Historischen Archivs in Köln nicht alles verschüttet ist. „Inzwischen gibt es 64 Archiv-Fenster“, sagt Jutta Vollmer von der „Kölner Graphikwerkstatt“ - nicht nur in der Südstadt. Das Fenster, das mit Sicherheit am weitesten von Köln entfernt ist, befindet sich in Manila auf den Philippinen. Eine Exilkölnerin hat es gestaltet.

Jutta Vollmer verwaltet die Fenster im Internet. Die große Resonanz zeige, dass die Menschen den Einsturz des Archivs nicht auf die leichte Schulter nehmen, und dass sie sich infolge des Unglücks mit der Frage beschäftigen, die da lautet: „Was ist mir wichtig?“ - Eine ältere Bewohnerin hat ihr Kommunionkleid und ihr Brautkleid ins Fenster gehängt und auch das Kleid, das sie zur goldenen Hochzeit getragen hat. Samt Schuhen. Woanders sind Filmzeitschriften zu sehen, eine CD-Sammlung, ein Süßigkeitenarchiv. Eine Buchautorin hat ihre Absagen von Verlegern öffentlich ausgestellt. Selbst eine Schüssel voll Maden ist zu sehen. Die makabre Idee stammt von einem Forensiker. Die Aktion geht weiter, ursprünglich sollte sie Mitte Juni zu Ende sein. Wer mitmachen möchte, findet Hinweise im Internet.

Autorin: Süsser